Ing. Eduard Horvath


Gedanken zu: Fritz Riemann: Grundformen der Angst

Das Leben ist zum heulen, ruft das Neugeborene.

Das Licht der Welt zu erblicken beginnt mit einem Wutanfall.

Das Frusterleben ist angeboren, die Angst, Frust zu erleben, ist höchstwahrscheinlich die erste Lebenslehre.

Es spricht nicht der geringste Grund dafür, daß in der Entwicklung der Angstgefühle irgend ein Menschenkind sich der famosen Vierteilung des Herrn Riemann anschließen würde. Vielmehr wird jeder Mensch, zufällig mehr oder weniger, durch alle Frusterlebnisse geprägt. Alle Menschen kennen die entsprechenden Zwänge.

Was das Menschenbild letztlich ausmacht ist die Fähigkeit, diese Frusterlebnisse entweder hervorzukehren, oder zu unterdrücken, von sich zu weisen, zu ertränken, schlichtweg zu bekämpfen.

Charisma ist nichts weiter als die schauspielerische Fähigkeit einer schizoiden, depressiven, zwanghaften und hysterischen Persönlichkeit, die Lebenslügen überzeugend darzustellen. Alle Arten menschlicher Existenz, die ja ihre Kraft ausschließlich von der Befriedigung von Hunger, Durst, Lust und Eitelkeit bezieht, gehorchen demselben Prinzip.

Infolgedessen erscheint mir die gekünstelte Einteilung des Herrn Riemann als die hysterische Sucht nach einer Ordnung, die es nicht gibt, deren zwanghafte Vorstellung neurotisch ist, bei der aber das depressive Motiv der Suche schizoide Züge annimmt.

Ed. Horvath, Jan. 1998