Ing. Eduard Horvath


JARGON UND STAAT

DIE AUCHACHTUNDSECHZIGER

Ein Mediendrama in einem Akt

nach Tonbandprotokollen

von Wilhelm Edlich

Handelnde Personen:

Walter Ulbricht, Vorsitzender des Staatsrates der DDR ein Historiker
Karl Eduard von Schnitzler, DDR- Fernsehkommentator ein Arzt
Günther Herlt, DDR- Fernsehkommentator ein Patriot
Nachrichtensprecher des DDR- Fernsehens Passanten
Reporter des DDR- Fernsehens Zeitzeugen
Kommentatoren ein älterer Jungmann
Parteisekretäre BRD Journalisten
Parteigenossen BRD Kommentatoren
Antifaschisten CSSR Journalisten
alte Kämpfer Passanten in Berlin
ein Kommandeur Passanten in Prag
ein Reservist ein Bänkelsänger
ein Jungpionier ein Ansager

Zum Inhalt:

Zwei Zeitgenossen, eine Tschechin und ein Besserwisser, beobachten vor dem Fernsehschirm die Zeitgeschichte in Ost-Berlin des Jahres 1968, sie sehen und hören, wie in der Idylle gesprochen, gedacht und berichtet wird. Sie erleben, wie der Einmarsch in die Tschechoslowakei vorbereitet, durchgeführt, begründet und gefeiert wird. Selbst die grellsten Erfindungen darin, sind keine.

11. 97
Der Akt.

1968, in einer Berliner Wohnung, leben eine Tschechin und ein Besserwisser. Sie haben, ohne das zu wissen, nichts weiter vor, als die wichtigsten Ereignisse dieses Jahres im Fernsehen zu erleben.

1. Szene

Im Wohnzimmer, in dem an prominenter Stelle ein großes, etwas betagt erscheinendes Fernsehgerät steht, unterhalten sich die Zeitgenossen flüsternd über Verschiedenes, nach einiger Zeit erhebt sich der Besserwisser in der erklärten Absicht, die Wohnung zu verlassen, um die Lebensmittel aufzufüllen.

die Tschechin:
"Wenn nicht kommst viere zu die Nachrichten, na schau dich an".

2. Szene

Es ist 16 Uhr, die beiden sitzen vor dem Bildschirm und betrachten eine Reportage aus Berlin, Karl Marx Allee.
Auf einer kleinen Tribüne, über den ringsum Stehenden, der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht, mit Kinnbart und Brille, davor eine Ehrenkompanie der Volksarmee in Stahlhelmen, eine große Zuschauermenge umsäumt die Straße.

der Kommandeur der Ehrenkompanie (soldatisch laut): "Die Augen auf, die Augen links!"

ein Reporter:
"Es erfolgt die Meldung des Kommandeurs der Ehrenkompanie."

laute Marschmusik im Hintergrund

der Kommandeur (spricht, als ob er vorlesen würde): "An den Vorsitzenden des Staatsrates:
Anläßlich Ihres kommenden Geburtstages ist eine Ehrenkompanie des Wachregiments angetreten.
Die Losung des Tages:
Unserem Vorsitzenden des Staatsrates, Genossen Walter Ulbricht, alles Liebe, beste Gesundheit und Wohlergehen, zum Wohle der Deutschen Demokratischen Republik. Kommandeur der Ehrenkompanie Heiner Wegner."

Marschmusik

der Reporter (leise):
"In der Begleitung von Walter Ulbricht sehen wir seine Frau Lotte Ulbricht, der Sekretär des Staatsrates
Otto Gotsche begrüßt den Jubilar."

der Reporter (in getragenem Tonfall):
"Erfüllt vom Geist des Marxismus Leninismus, geformt von der Partei und sie selbst formend, ausgerüstet mit den Erfahrungen des Kampfes der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung, in zwei Epochen gesellschaftlicher Entwicklung, ist Walter Ulbricht heute der hervorragende Führer der Deutschen Arbeiterklasse, ist er der Deutsche Politiker, von dem selbst die bürgerlichen Chronisten verzeichnen, er sei der erfolgreichste in diesem Jahrhundert. Er, der unbestritten erfahrendste, sozialistische deutsche Staatsmann und größte lebende deutsche Marxist- Leninist."

der Kommandeur (undeutlich aus dem Hintergrund, in stark sächsischem Akzent):
"und nun, dem Vorsitzenden des Staatsrates ein dreifaches:"

die Abteilung im Chor (zackig):
"Hurra, Hurra, Hurra."

Applaus aus der Menge.
der Reporter (gedämpft):
"Nun werden gleich die Jüngsten unter den Gratulanten zu Wort kommen."

Applaus aus der Menge.

ein Jungpionier (mit kindlicher Stimme, in reinem hochdeutsch): "Möchte dem Genossen Ulbricht zum Geburtstag gratulieren, soll ich eine Karte schreiben und mit einem Bildchen zieren, oder soll ich ihm geloben gute Noten heimzubringen, soll ich, wenn sie mich dort nehmen mit im Chor der Schule singen, soll ich nach den Nachbarskindern, deren Mutter krank ist schauen, oder für die Grenzsoldaten einen Werkzeugkasten bauen, soll ich mich zur Gartenarbeit wie der Klaus freiwillig melden, oder auf der Liste sammeln für Vietnams tapfere Helden, etwas nützliches zu machen soll ein jeder sich befleißen, weil wir schließlich nicht zum Spaße junge Pioniere heißen.

Lieber Genosse Walter Ulbricht,
mit diesem Gedicht möchte ich Ihnen zu Ihrem Geburtstag die herzlichsten Glückwünsche aller Pioniere unserer Republik überbringen. Wir möchten Ihnen dafür danken, daß Sie sich immer um uns Kinder und unser Glück in der Zukunft sorgen. Ich heiße Michael Kurt, jetzt gehe ich in die dritte Klasse und bin noch Jungpionier, aber bald komme ich in die vierte Klasse, ich verspreche Ihnen ein guter Tellman-Pionier zu werden und immer gut zu lernen. Meine Freunde haben mir dieses Foto gegeben, ich soll es Ihnen zum Andenken an den heutigen Tag schenken. Wir haben auch alle unsere Unterschriften daraufgeschrieben."

Heiterkeit in der Menge

der Reporter (gedämpft):
"Der Michael Kurt, der eben diese Glückwünsche ausgesprochen hat, ist ein besonders guter Schüler, er hat sich ausgezeichnet durch hervorragende Leistungen in allen Fächern, er ist als Jungpionier aktiv und erhielt im kulturellen Leistungsvergleich das Prädikat ausgezeichnet."

Applaus aus der Menge.

3. Szene

Im Abendmagazin des DDR-Fernsehens.

Herlt
"Natürlich mokiert sich die Westpresse darüber, daß wir den Mann hoch leben lassen, den die Tintenkulis des Kapitals seit zwei Jahrzehnten begeifern. Das sei ja geradezu ein Kult, meinen die Herren. Wissen Sie, meine Zuschauer, ich denk mir, Jahrhunderte lang wurden in Deutschland Herrscher gefeiert, deren ganzer Ruhm aus blutigen Schlachten und Landraub bestand. Und dabei sollten wir den Staatsmann nicht feiern, der uns lehrte, die längste Friedensperiode in diesem Jahrhundert durchzusetzen, nicht loben dürfen und verehren. Und was für Oden haben jene Zeitungen über einen gewissen Adenauer gedichtet, als Walter Ulbricht bei Stalingrad den Deutschen Soldaten vor dem Selbstmord warnte, da saß Adenauer in seinem Garten und zählte die Rosen und dicken Scheine seiner Nazipension. Und was wurde nicht über den Wunderdoktor Erhard alles geschrieben und gerühmt. Als Walter Ulbricht uns lehrte, unserer eigenen Kraft zu vertrauen, da verwaltete jener Erhard den Dollarsegen, der Westdeutschland bis über das Jahr 2000 hinaus an die imperialistischen Besatzer verpachtet hat. Und die Lobhudeleien für Kiesinger in der Westpresse sind ja nun auch nicht grade dezent. Als Walter Ulbrichts Reden und Taten zunehmend das Vertrauen der Welt in unseren Friedensstaat festigten, riefen die Monopolherren von Rhein und Ruhr den Göbbelsschüler Kiesinger an die Macht, um die Gleichschaltung des Volkes für die Revanchepolitik forcieren zu können. Das sind zwei Welten, Walter Ulbrichts Lebensweg ist der Weg des kämpfenden, arbeitenden, lernenden und siegenden Deutschen Proletariats. So wurde er der bedeutendste Staatsmann unserer Zeit.

der Besserwisser zur Tschechin: "Aber das hat der doch damals auch schon gesagt, der Göbbels:

"Wie an der Spitze des Deutschen Volkes sein größter Staatsmann steht.""
Ein weiterer Beitrag im Abendmagazin mit einer Reportage von der Blumenmesse in Erfurt.

ein Parteisekretär:
"Wir, äh, müssen über, äh, bestimmte Leistungssteigerungen, die bei uns, äh, also in unserem Rahmen möglich sind, äh, dahin kommen, daß sie die Ernährung verbessern, wir haben dazu, äh, starke, äh, kooperative Bestrebungen angebahnt, ich habe im Frühjahr einen Kooperationsvorschlag vorgelegt, um, äh, in der Zusammenarbeit mit dem volkseigenen Sektor und dem halbstaatlichen, äh, ein Ganzes zu schaffen, und ich glaube, daß wir dadurch doch wesentliche Steigerungen herausbekommen. Wir arbeiten außerdem, äh, in guter, äh, Koordinierung mit dem Institut für Pflanzenzucht in Quedlinburg und also alle halbstaatlichen Betriebe zusammen, und haben dort einen, äh, konstruktiven Plan entwickelt, der, äh, die Wissenschaft in Verbindung mir der Praxis, äh, bringen soll, damit wir die Erkenntnisse der Wissenschaft gleichzeitich verarbeiten können bei unserer praktischen Pflanzenzucht. Das ist ungefähr die Vorstellung, die ich, äh, in meinem Kooperationsplan entwickelt habe."

Ulbricht (krächzend): "Ich sage dies zu Fragen der Arbeitskultur, Arbeitskultur, auf dem Gebiet der,

dieser Arbeitskultur, sind wir etwas zurückgeblieben."

ein anderer Parteisekretär: "Genosse Vorsitzender des Staatsrates, darf ich Ihnen vielleicht noch den

Vertreter des halbstaatlichen Betriebs Heinemann vorstellen, Herr Schlosser,"
Ulbricht: "Sie sind also,"

Schlosser (in sächsischem Akzent): "Heinemann 120 Jahre,"

Ulbricht: "dann sind Sie also 120 Jahre alt,"

Schlosser: "und das ist Herr Hage aus Quedlinburg,"

Ulbricht: "aha, Quedlinburg, und Sie sind 100 Jahre?"

Hage: "einhundertein Jahr,"

die Umstehenden: "Ha, Ha, Ha, Ha, Ha"

Ulbricht: "dies ist Tradition,"

Schlosser: "ja, ja, ja,"

Ulbricht: "- sehen Sie, ich bin ja ein alter Erfurter, ja,"

Schlosser: "ja, das ist mir bekannt,"

Ulbricht: "also ja- , äh- , in dieser Schönheit hat sich also die Blumenzucht von Erfurt noch nicht repräsentiert, wie

dieses Jahr."

Schlosser: "ist wirklich so, jawoll, jawoll, stimmt so, richtich, sehr richtich, sehr richtich, ja,"

Ulbricht: "als ich 1921 hierherkam und anfing,"

Schlosser: "da war die Cyriaksburg ein trauriger Trümmerhaufen,"

Ulbricht: "ja, ja, die Stadt hat sich entwickelt, die Blumenzucht hat sich entwickelt, ja, volkseigene

Gärtnereien, die staatsbeteiligten Betriebe haben sich gut entwickelt, na sehen Sie, Sie machen

doch unter unserem Sozialismus gute Geschäfte!"

Schlosser: "ja wir sind zufrieden."

Heiterkeit, die Menge laut und durcheinander: "Ha, Ha, Ha, Ha"

der Besserwisser zur Tschechin: "Erfurt ist für die Blumenzucht schon sehr sehr lange berühmt."

4. Szene

Aus dem Politmagazin:

Herlt
"Wer ist wo mit was beschäftigt: Unser Ministerpräsident Willi Stoph bringt aus der mongolischen Volksrepublik einen Freundschaftsvertrag, dessen Präambel die Sicherung von Frieden und Fortschritt anzielt. Der Bonner Kanzler Kiesinger schwadroniert in Teheran und Afghanistan herum, um an der Südflanke der Sowjetunion den ökonomischen und politischen Einfluß des westdeutschen Rüstungskapitals zu stärken. Volkskammerpräsident Diekman sprach in Bulgarien über die Festigung des europäischen Friedens, der Bonner Bunkerminister Benda übt Schulterklopfen beim israelischen Aggressionsregime und plaudert dort über die Spezialausbildung des westdeutschen Grenzschutzes für den verdeckten Krieg."

ein Nachrichtensprecher:
"Ein Konzentrationslager für Kinder ist von Bonn in Südvietnam finanziert und eingerichtet worden, dies enthüllt die Düsseldorfer Deutsche Volkszeitung in ihrer jüngsten Ausgabe."

ein anderer Nachrichtensprecher:
"Das Komitee zum Schutze der Menschenrechte klagt angesichts dieses Tatbestandes die Regierung der Westdeutschen Bundesrepublik an, Artikel 2, Absatz 4 der Charta der vereinten Nationen, Artikel 6 des Londoner Statuts des internationalen Militärtribunals und die Rechtspflichten des Potsdamer Abkommens gröblichst zu verletzen. Es ist unseres Erachtens daher erforderlich, die westdeutsche Regierung zu zwingen, und zwar durch die europäischen Völker, aber vor allen Dingen durch alle friedlichen Kräfte in Westdeutschland , Sinn und Wortlaut der Resolution von Teheran zu erfüllen. Das heißt: die Renazifizierung im westdeutschen Staat und in der Politik der Bonner Regierung ein Ende zu setzen, das Selbstbestimmungsrecht und die Menschenrechte der westdeutschen Bevölkerung wiederherzustellen, und die Notstandsgesetze außer Kraft zu setzen."

wieder ein anderer Nachrichtensprecher: "Der Bonner Kriegsminister Schröder begann heute in den USA militärpolitische Gespräche mit Kriegsminister Clifford und Außenminister Rusk. Die Prawda stellt diesen, wie sie schreibt, verdachterregenden Besuch Schröders in Zusammenhang mit der Aktivierung der subversiven Tätigkeit der Nato gegen die sozialistischen Länder."

ein Reporter interviewt eine junge Frau: "Gerade nach unseren Erfahrungen mit Ungarn 1956 beunruhigt mich das persönlich sehr, daß in einem sozialistischen Land wieder die Kommunisten, äh, äh, nicht verfolgt aber ein Kesseltreiben gegen sie gemacht wurde, ich habe es persönlich am eigenen Leibe erlebt, ich bin in Westberlin groß geworden, schon als Schulkind bin ich in der Schule drangsaliert worden, nur weil ich das blaue Tuch der Pioniere getragen hab, später das FDJ Abzeichen, habe darauf hin schlechte Zensuren bekommen, meine Mutter, die auch Kommunistin war, war arbeitslos, ich bekam später keine Lehrstelle, nur weil ich für den Frieden eingetreten bin, und ich hatte auch, äh, leider, äh, das Vergnügen, die Bekanntschaft mit dem ehemaligen, äh, Westberliner Innensenator Lippschitz Bekanntschaft zu machen, bei dem ich mich zu melden hatte, weil ich auf einer Demonstration teilgenommen hab gegen den Krieg in, äh, Neukölln , daß er mich eigenhändig mit Jugendgefängnis bestrafen wollte, wenn er mich noch einmal ertappt, daß ich eine Friedenstaube trage, ich meine das ist doch, äh, schlimm."

ein Berichterstatter:
"Der Sprecher der sudetendeutschen Revanchisten, Altnazi Becher, ruft zu einer großangelegten Spendenaktion auf. Zweck: Bildung eines Kampffonds der Landsmannschaften."

Trommelmusik

Schnitzler
"Meine Damen und Herren, wenn Sie nun unseren nächsten Beitrag hören denken Sie bitte daran, nicht alles was lügt ist bei Springer, gewisse Frankfurter und Münchner Zeitungen, Westdeutschlands Fernsehen und der Spiegel, sind schließlich auch noch da."
Herlt
"Der amerikanische Imperialismus und sein aggressivster Verbündeter in Europa, der westdeutsche Imperialismus, sie haben ein ausgeklügeltes Programm gegen die sozialistischen Länder entwickelt. Man wird zugeben, sie haben aus den Ereignissen und aus der Niederlage gelernt, die sie 1956 in Ungarn einstecken mußten. Damals haben die Konterrevolutionäre zu früh und zu laut jubiliert, und sich damit vor den Massen der Arbeiter und Bauern demaskiert."
Herlt
"Und Kiesinger nennt das Ganze Friedenspolitik. Den Dreh hat er noch aus seiner Zeit bei Ribbentrop und Göbbels."
Herlt
"Was mein Kollege Zazworka da eben aus Prag berichtete stimmt mich nachdenklich, liebe Zuschauer. Hühner kommen zuweilen unter die Räder, weil sie Tempo und Kraft der Autos unterschätzen, aber niemand würde mit den Tieren schimpfen, denn man weiß, ihr Kopf ist zu klein als daß ein Verstand darin Platz hätte."
Schnitzler
"Meine Damen und Herren, bevor ich zu unserem letzten Beitrag komme, ist an dieser Stelle eine Wiederholung am Platze, nicht aus Stoffmangel oder Verlegenheit, und gewiß nicht um Sie zu langweilen, sondern weil sich die Wahrheit allein in der Wiederholung und nur in der Wiederholung durchsetzt, wie Johannes R. Becher lehrt."

aus einer Pressekonferenz Ulbrichts mit tschechischen Reportern:

Ulbricht: "Sehen Sie, als wir aus der Presse erfuhren, daß Sie Ihre Pressezensur abgeschafft haben,"

ein tschechischer Übersetzer spricht

Ulbricht: "war man bei uns erstaunt,"

ein tschechischer Übersetzer spricht

Ulbricht: "weil wir sowas nicht kannten,"

ein tschechischer Übersetzer spricht

Ulbricht: "wir haben nie eine Pressezensur gehabt,"

ein tschechischer Übersetzer spricht

Ulbricht: "ja, und Sie sehen, wir sind ganz gut vorwärts gekommen, auch ohne Pressezensur,"

ein tschechischer Übersetzer spricht

Ulbricht: "daß heißt, unsere Methoden waren andere,"

ein tschechischer Übersetzer spricht

Ulbricht: "die Methoden der Partei und Staatsführung waren andere, als sie sich bei Ihnen entwickelt hatten."

die Tschechin zum Besserwisser: "Meint der besser?"

5. Szene

Ein neuer Tag, die Tschechin und der Besserwisser sitzen wieder vor dem Bildschirm. Es wurde berichtet, daß Walter Ulricht zu Gesprächen mit Warschauer Pakt Staaten aufbricht. Auf dem Weg dahin und zurück spricht er mit Bürgern und Pressevertretern.

ein Reporter:
"In Zusammenhang dieser Analyse Walter Ulbrichts über die gegenwärtigen Möglichkeiten eines Systems europäischer Sicherheit, stellte der Vertreter des Tschechoslowakischen Zentralorgans Rude Pravo die Frage, ob die DDR für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Westdeutschen Bundesrepublik und den Sozialistischen Staaten sei. Walter Ulbricht erinnerte den Fragesteller an die vorjährige Konferenz der kommunistischen und Arbeiterparteien in Karlovy Vary und an die dort verabschiedete Erklärung."

Ulbricht: "Ihre Frage ist beantwortet in den Beschlüssen von Karlovy Vary."

ein tschechischer Übersetzer spricht Ulbricht: "das heißt, die Aufnahme diplomatischer Beziehungen"

ein tschechischer Übersetzer spricht Ulbricht: "zwischen CSSR, Ungarn und Polen"

ein tschechischer Übersetzer spricht Ulbricht: "und der Westdeutschen Bundesrepublik"

ein tschechischer Übersetzer spricht Ulbricht: "ist gebunden an"

ein tschechischer Übersetzer spricht Ulbricht: "die bekannten Bedingungen"

ein tschechischer Übersetzer spricht Ulbricht: "das ist,"

ein tschechischer Übersetzer spricht Ulbricht: "der Verzicht auf die Alleinvertretungsanmaßung Bonns"

ein tschechischer Übersetzer spricht Ulbricht: "die Anerkennung der bestehenden Grenzen"

ein tschechischer Übersetzer spricht einflüsterndes Gemurmel im Hintergrund Ulbricht: "die Verurteilung, äh, des Münchner Abkommens von Anfang an"

     ein tschechischer Übersetzer spricht
     einflüsterndes Gemurmel im Hintergrund
Ulbricht: "kein Zugang der Westdeutschen Bundesrepublik zu Kernwaffen"
     ein tschechischer Übersetzer spricht
     einflüsterndes Gemurmel im Hintergrund

Ulbricht: "und die Herstellung normaler vertragsmäßiger Beziehungen zwischen den beiden Deutschen -

völkerrechtlich! - vertragsmäßiger Beziehungen zwischen beiden Deutschen Staaten."

     ein tschechischer Übersetzer spricht
     einflüsterndes Gemurmel im Hintergrund

Ulbricht: "Moment"

Ulbricht: "das heißt also, wir fordern, daß die Bonner Regierung ihre Vorbedingungen, die sie bisher

gestellt hat, nämlich Alleinvertretung, und Hallsteindoktrin" ein tschechischer Übersetzer spricht Ulbricht: "daß sie diese Vorbedingungen aufgibt."

die Tschechin zum Besserwisser: "Da stellt eina Bedinglichkeiten, der Andere soll ja ka Bedingung stellen."

der Reporter:
"Walter Ulbricht schlug den anwesenden tschechoslowakischen Pressevertretern vor, sorgfältig die Vorschläge zu studieren, die am 9.August von unserer Volkskammer der Weltöffentlichkeit und vor allem der westdeutschen Bundesregierung vorgelegt wurden."

Während des Reiseberichts wird auch gezeigt, wie W.Ulbricht auf Passanten trifft.

ein Patriot (mit junge Stimme, wie vom Blatt lesend): "Für uns Leipziger ist es Ehrensache, mit Hilfe vieler Freunde und Genossen, Ihr kampferfülltes Leben, lieber Genosse Walter Ulbricht, noch besser kennenzulernen. Dabei sind wir mit vielen Genossen zusammengekommen, die an Ihrer Seite kämpften und kämpfen. So lernten wir den Genossen Gustav Graf aus Zwickau kennen. Er erzählte uns, wie er mit Ihnen gemeinsam gegen den deutschen Faschismus kämpfte. Er zeigte uns auch die Stelle, wo die Scheune stand, in der Sie sich vor den Faschisten versteckt halten mußten. Weiterhin lernten wir auch den Genossen Zimmermann kennen, der Ihnen im Arbeiterturnverein Eifel die ersten Klimmzüge beigebracht hat."

ein tschechischer Reporter und W.Ulbricht: Ulbricht: "Wissen Sie, daß es verschiedene Meinungen gibt, ja,"

ein tschechischer Übersetzer spricht Ulbricht: "trotzdem ist es normal, daß man zusammenarbeitet."

ein tschechischer Übersetzer spricht

ein DDR-Reporter aus Prag: "Ja, ich möchte noch mal aufgreifen - die Sicherung des Friedens."

ein anderer DDR-Reporter aus Prag: "Wird Frieden bleiben oder wird, äh, kann der Krieg verhindert werden?"

ein tschechischer Reporter zu W. Ulbricht: "Hier ist in der letzten Zeit nicht nur das Verhältnis zwischen den kapitalistischen Ländern und den sozialistischen Ländern, äh, im Gespräch und sozusagen aber auch das Verhältnis zwischen den sozialistischen Ländern untereinander."

Ulbricht
"Wissen Sie, das Verhältnis zwischen den sozialistischen Ländern das ist, was also die europäischen Länder betrifft, das ist festgelegt in den Vereinbarungen des Warschauer Vertrages, in den Vereinbarungen auf den verschiedenen Beratungen wie zum Beispiel auf der Beratungen der Staaten des Warschauer Vertrags über europäische Sicherheit, und in diesen Grundfragen, zum Beispiel des Aufbaus des Sozialismus, und der europäischen Sicherheit, gabs zwischen uns Einmütigkeit. Daß hier die Entwicklungsbedingungen in den einzelnen Ländern unterschiedlich sind, das war von Anfang an so, das war von Anfang an so. Wir haben eben, in jedem unserer Länder wurden zum Beispiel die der Übergang zu sozialistischen Entwicklung der Landwirtschaft, in verschiedener Weise vollzogen. wir haben es anders gemacht als manche andere Länder und die Maßnahmen dur, die Maßnahmen durchgeführt, die unseren spezifischen Entwicklungsbedingungen am besten entsprachen. Und es gibt auch jetzt also, Unterschiede, Unterschiede in der Wirtschaftsplanung, und so weiter, ja, das ändert nichts daran, daß in den grundsätzlichen Fragen Übereinstimmung besteht. Auch mit den tschechischen Freunden besteht in den grundsätzlichen Fragen Übereinstimmung,"

der tschechische Reporter: "und das bleibt so, glauben Sie?"

Ulbricht: "Im Gegenteil, das wird, das bleibt nicht nur so, sondern die, die Gemeinsamkeit wird sich verstärken."

ein Kommentator:
"Wir werden den entschiedensten Kampf gegen die Träger des Revisionismus führen, die ihre Anstrengungen darauf gerichtet haben, die Partei ideologisch und organisatorisch zu spalten."

Ulbricht: "Die Prognose ist klar, es handelt sich nur mehr um die Durchführung.""

der Besserwisser zur Tschechin: "Unter Prognose steht im Duden: Vorhersage des Krankheitsverlaufes."

6. Szene

Eine neue Woche, ein neuer Tag, aufgeregt schaltet der Besserwisser das Fernsehgerät ein, und zwar den Westkanal, nachdem die Tschechin mit der Nachricht heimkam, die Russen seien in ihrer Heimat einmarschiert.

ein BRD-Nachrichtensprecher:
"... acht Tage später, am 21. August, überschritten bei Nacht und Nebel Panzer der DDR Armee die tschechoslowakische Grenze gemeinsam mit Streitkräften der Sowjetunion, Polens, Ungarns und Bulgariens."

ein BRD-Kommentator:
"Gestatten Sie mir schließlich noch eine Bemerkung, Ulbricht beruft sich in seinem Interview immer wieder auf die neue Verfassung der DDR. Ich möchte Ihnen einen Satz aus dem Artikel 8 dieser Verfassung zitieren, der lautet: "Die Deutsche Demokratische Republik wird niemals einen Eroberungskrieg unternehmen, oder ihre Streitkräfte gegen die Freiheit eines anderen Volkes einsetzen.""

ein BRD-Journalist:
"Die tschechoslowakische Bevölkerung verhält sich entsprechend den Aufrufen Ihrer Partei und Regierungsführung im großen und ganzen ruhig. Vor allem in Prag und Preßburg kam es jedoch zu Demonstrationen, mehrere Menschen sollen getötet, mindestens 25 verletzt worden sein, als Panzer der Besatzungstruppen auf Demonstranten schossen. Die Schießereien in Prag haben nach den jüngsten Korrespondentenberichten in den letzten Stunden zugenommen. Das Parteipräsidium der Tschechoslowakischen KP tagt seit der vergangenen Nacht im Gebäude des Zentralkomitees, das Haus ist ebenso wie die Prager Burg, der Amtssitz von Staatspräsident Swoboda, von starken Einheiten der Besatzungstruppen umstellt."

ein BRD-Journalist aus Prag:
"Russische Truppen kommen gerade ins Haus, Barrikaden sind errichtet worden am Wenzelsplatz und in der Weingartenstraße, das ist die Straße, die zum Rundfunk führt, ich höre deutlich die Schüsse im Rundfunk, Maschinengewehrsalven, Leute geht auseinander, ruft der Sprecher, leistet keinen Widerstand, es hat keinen Sinn, bitte vermeidet Blutvergießen."

das Geräusch von Kettenpanzern und Schüssen ist zu hören.

die Tschechin zum Besserwisser: "Aber schalt doch um, herüben ist das doch alles wirklich wirklicher."

der DDR Nachrichtensprecher:
"Die Sowjetregierung und die Regierungen Bulgariens, der DDR, Polens und Ungarns entschlossen sich, ausgehend von den Prinzipien der unzerstörbaren Freundschaft und Zusammenarbeit, und im Einklang mit den bestehenden vertraglichen Verpflichtungen, der erwähnten Bitte um die notwendige Hilfeleistung für das tschechoslowakische Brudervolk zu entsprechen. Sowjetische Militäreinheiten haben gemeinsam mit Militäreinheiten der genannten verbündeten Länder heute das Territorium der Tschechoslowakei betreten.

ein DDR-Reporter aus Prag:
"...sowjetische Soldaten tätlich anzugreifen, peitschten Warnschüsse durch die Straßen, es wird also Zeit, daß sich alle besonnen Kräfte um die dem Sozialismus treu ergebenen Friedensgaranten scharen, um den Terror und das Blutvergießen der Konterrevolution endgültig zu beenden."

ein Kommentator:
"Die Klassenbrüder der verbündeten Armeen sind in diesem Kampf die Garantie für den Sieg."

ein Berichterstatter:
"Der Neubrandenburger LBDP Bezirksvorsitzende Manfred Eisner erklärte: in diesen Stunden und Tagen fühlen wir uns besonders eng mit den Werktätigen der CSSR verbunden, und versichern ihnen unsere Freundschaft und umfassende Hilfe."

7. Szene

Am nächsten Tag, der Besserwisser zur Tschechin: "Bin neugierig, wie die das alles begründen werden!"; und er schaltet ein.

ein Kommentator:
"Nach wie vor erhalten wir aus allen Kreisen der DDR Bevölkerung Zustimmungserklärungen zu den Moskauer Beschlüssen."

eine junge Passantin:
"Mit den konterrevolutionären Kräften muß schnellsten Schluß gemacht werden. Denn jeder Tag Verzögerung bringt dem Brudervolk der CSSR große Verluste".

ein junger Passant:
"In den letzten Tagen hat man gemerkt, daß das sozialistische Lager politisch, ökonomisch und militärisch stark sein muß."

ein Zeitzeuge: "Damit hat die neue Bonner Ostpolitik eine weitere entscheidende Niederlage erhalten."

ein älterer Passant: "Für mich ist die Freundschaft zur Sowjetunion das wichtigste, was in der gegenwärtigen Zeit für den Aufbau des Sozialismus benötigt wird."

eine junge Passantin:
"Unser Kollektiv in der Endmontage verurteilt schärfstens die konterrevolutionären Umtriebe in der CSSR. Wir meinen, daß es ArbeiterSache und Arbeiter-Ehre ist, schnellstens damit Schluß zu machen."

Schnitzler
"Meine Damen und Herren, diese Gefahr der Konterrevolution macht verständlich, wenn sich viele Menschen zu Wort melden, ihrer Sorge Ausdruck geben, ihre Meinung sagen. Die Entwicklung macht auch verständlich, daß bei manchen die, angesichts der Tragweite verständliche anfängliche Unklarheit über Hintergründe und Bedeutung der Vorgänge, mehr und mehr der Erkenntnis weicht, wie verantwortungsbewußt die Führungen der fünf sozialistischen Staaten gehandelt haben."

ein alter Antifaschist:
"Die Jahre 1933 und 38 haben sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingegraben. Es ist keine Übertreibung, bei den bestürzenden Meldungen aus Prag in den letzten Wochen konnte ich mich der Vision von Bundeswehrsoldaten bei Zinnwald nicht erwehren. Bekannte erzählten mir, daß sie bei einem Besuch in der CSSR von westdeutschen Touristen mit dem HorstWessel -Lied provoziert wurden. Wo sollte das alles hinführen. Als geborener Oberschlesier habe ich die Unersättlichkeit des deutschen Imperialismus zur Genüge kennengelernt. Er ist unser Gegner und nicht nur unserer, an welcher Grenze er sich auch zeigt. Man möge es mir daher nicht verübeln, wenn ich diese Ereignisse mit den Augen eines deutschen Antifaschisten betrachte, mögen andere, vor allem meine Freunde in der CSSR, sich solchen Erkenntnissen und Erfahrungen nicht verschließen."

ein Parteigenosse:
"Ich möchte sagen, daß aufgrund der Zuspitzung der Situation durch die antisozialistischen und konterrevolutionären Kräfte, es höchste Zeit war, diese Maßnahmen unserer Bruderparteien durchzuführen.

ein älterer Jungmann:
"Also ich kann diesen Schritt der Bruderarmeen nur befürworten, daß die so rechtzeitig und schnell gehandelt haben, denn 1956 hatten wir es gesehen, daß viele gute Genossen in Ungarn umgebracht wurden. Und daß dieser Schritt richtig war, sieht man an der Propaganda, die jetzt durch Fernsehen und Rundfunk von den Imperialisten geführt wird."

ein Reservist: "Als Reservist der nationalen Volksarmee habe ich wieder einmal gesehen, äh, wie wichtig es doch ist, wachsam zu sein, um auch wirklich den Schutz des Sozialismus zu garantieren."

ein Patriot:
"Ich möchte sagen, hier zeigt sich deutlich, der proletarische Internationalismus, und auch in unserer Republik haben wir ja gut erkannt, daß wir durch die Erfüllung unserer Pläne, die gute Vorbereitung des 20. Jahrestages unserer Republik im sozialistischen Wettbewerb, dazu beitragen können, den Frieden in Europa zu sichern und damit zur weiteren Stärkung unseres sozialistischen Lagers beizutragen."

ein Arzt:
"Ich hatte vor 12 Jahren 1956 die Gelegenheit, als Arzt in Ungarn das Ende der Konterrevolution mitzuerleben, in dem ich Verwundete und die Hinterbliebenen mit abtransportieren mußte. Damals konnte ich mich mit Augen, mit eigenen Augen davon überzeugen, wie furchtbar der Mobterror der Konterrevolutionäre gewütet hat. Es wurden damals nicht nur die aufrechten Kommunisten abgeschlachtet, sondern auch noch ihre Familienangehörigen, ihre Frauen an Bajonetten aufgespießt, Kinder aus oberen Stockwerken geschmissen, oder verbrannt. Diese Erinnerung kam mir wieder, als ich jetzt die Entwicklung in der tschechoslowakischen Republik beobachten konnte. Und, ich muß als Mediziner sagen, es war die einzige mögliche Form der Prophylaxe, vorbeugend zu sein, indem fünf Bruderländer den aufrechten Patrioten in unserer tschechoslowakischen Republik halfen."

ein alter Kämpfer:
"Für mich ist das eine klassenmäßige Selbstverständlichkeit, daß die fünf ZK's, und die fünf Ministerräte, die sich entschlossen haben dem tschechoslowakischen Volke Hilfe zu leisten. Die Entwicklung in den letzten Tagen hat bewiesen, wie weit die Konterrevolution schon fortgeschritten war, und ich sehe in dieser Hilfeleistung eine Fortsetzung der guten Tradition der Abwehr des K-Putsches, das heißt, des Reichsvereins in Chemnitz der, äh, der, der Interbrigaden des roten Ruhrkampfes."

ein Patriot:
"Meine Meinung ist die, daß es jetzt für uns in der gegebenen Situation darauf ankommt, unsere Klassenbrüder vor allem dort zu unterstützen, durch unsere eigenen Taten hier in der Republik, wir tun das in der Produktion, in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, bei uns im Kreis zum Beispiel wurden Kandidaten für die Partei gewonnen, neue, wurden Verpflichtungen für Soldaten auf Zeit bekannt, sodaß wir in dieser diese Art und Weise moralische Unterstützung für unsere Klassenbrüder in der CSSR geben. Damit glauben wir auch die militärische Unterstützung der Bruderarmeen unserer Länder den nötigen Rückhalt zu geben, um damit direkt auch die Waag in das Schiff zu verhindern."

Herlt
"Ich kenne die drei Mitbürger, die da eben sprachen, nicht persönlich, meine Zuschauer, aber was sie sagten und wie sie es meinten, das gefällt mir. Das sind drei von uns, drei von 17 Millionen. Gewiß wurden sie nicht mit solcher Haltung geboren, aber die konnten sie sich unter dem Dach unserer Republik aneignen und festigen. Sie sind Deutsche und wissen, daß das vor 25 Jahren noch ein Schimpfwort war in Europa, aber es sind Bürger der DDR, des Staat gewordenen Gewissens unserer Nation, und brauchen sich deshalb ihrer Nationalität nicht zu schämen."

der Besserwisser: "Ich schalt wieder um."

ein westdeutscher Journalist bei der Prager Burg: "Spricht jemand von Ihnen deutsch bitte?"

ein Tscheche: "Ja bissal, was mechten Sie ham?"

der Journalist: "Warum sind Sie hier heraufgekommen?"

der Tscheche: "Weil wir mechten begrüßen den unsere Präsident und die unsere Staatchefen"

der Journalist: "Wissen Sie was in Moskau war?"

der Tscheche: "Ja das wissen wir aber wissen nicht was ist da abgehandelt bis jetzt"

Gesprächspause
der Tscheche: "Ich mechte noch was sagen, vor dreißig Jahre war das einer mit Schnurrbart, und jetzt die Tage einer

mit an Spitzbart. Ja?"

ein anderer Tscheche: "Aber ik hab dann, vor dreiundzwanzig Jahre hab gesagt, Faschismus, Nazismus und

Kommunismus, das is dasselbe, das is wie Arktide und Antarktide. Jo so weit und so ähnlich."

die Tschechin zum Besserwisser: "Du mit daine Westler, schalt doch zurick."

ein Historiker:
"Wer nachdachte, was seine Klasseninteressen für die Klasseninteressen für die der Arbeiter bedeuten und damit die des Volkes, die des Lehrers nebenan, des Wissenschaftlers, des fleißigen Landarbeiters, wer darüber nachdachte, der sprach vom Tag der Befreiung, wenn sowjetische Panzer kamen."

Herlt
"Fassen wir fürs erste einmal zusammen, meine Damen und Herren. Das Ergebnis von Moskau bestätigt jene Feststellung in der TASS Erklärung und in den Aufrufen der fünf sozialistischen Staaten vom 21. August, daß es den verbündeten Armeen nicht um eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Tschechoslowakei geht."

der Kommentator:
"Die Völker der CSSR, wird in der Erklärung festgestellt, haben es nicht verdient, daß sie von prinzipienlosen Politikern in eine solche Gefahr gebracht worden sind."

bedrohliche Musik erklingt und bleibt im Hintergrund des folgenden Beitrags.

Schnitzler
"Touristen kommen, Besucher des schönen Prag, aber nicht alle Touristen waren so harmlos wie diese, die hier aussteigen, nicht alle hatten Badehosen oder Bikini und Fotoapparate für Ferienerlebnisse im Gepäck, oder Geschenke für tschechoslowakische Freunde. Es gab Leute, deren Mitbringsel aus ganz etwas anderem bestanden (leiser Trommelwirbel). Aus politischen und militärischen Anweisungen, aus Natoplänen, aus Namenslisten aufrechter Kommunisten, die moralisch fertig gemacht und politisch ausgeschaltet werden sollten. Und aus Waffen und Munition. Dieses ganze Gepäck der Konterrevolution wurde in die Stadt gebracht. Nicht nur in die Stadt, ins ganze Land. (grollende Musik). Aber dann kamen, 5 Minuten vor 12, Freunde, um das Schlimmste abzuwenden."
Herlt
"Aber diese Armee von Kontaktmännern, sollte sie sich über Nacht zu Staub aufgelöst haben? Wanzen stellen sich tot, wenn man sie jagt, meine Zuschauer, wer deshalb versäumt, mit den Latschen kräftig drauf zu schlagen, der wird sich ganz schön kratzen müssen."

ein Reporter:
"Wir grüßen sie, wir hoffen und wünschen, aus dieser sozialistischen Hauptstadt eines sozialistischen Staates, daß dem Sozialismus wieder der Weg gebahnt wird. Das ist unsere Sorge, das ist unser Anliegen, das ist unsere Hoffnung und das ist auch der Unterpfand des Sieges des Sieges der sozialistischen Idee gegen die Barbarei des Imperialismus, der in Europa schon so schreckliches Unheil angerichtet hat."

Herlt
"Verflogen sind die gängigen Phrasen vom demokratischen Sozialismus, von der Verschmelzung von Sozialismus und Demokratie, von der Liberalisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse."
Schnitzler
... Illusionen über einen mögliche Neutralität der Tschechoslowakei. Illusionen über das Ende des Warschauer Vertrages. Illusionen, daß es noch niemals für den Imperialismus eine solch günstige Lage in Osteuropa gegeben hätte, der kann diese Illusionen getrost begraben.

ein Reporter:
"Mit ihrem Liberalisierungsgeschwätz haben die Prager Reformer versucht, diese Klassenfragen zuzukleistern, und sie landeten folgerichtig in der Umarmung der Bonner Revanchisten, sie besorgten die Geschäfte der Konterrevolution."
Herlt:
"Nun also ist der Zustand beendet, der Zustand der sogenannten Pressefreiheit, die nichts anderes bedeutete als Freiheit für Konterrevolutionäre und Unfreiheit für Sozialisten, und wir sind in Prag wieder der Normalisierung ein Stück näher gekommen."

Schnitzler
"Lassen Sie uns einen Augenblick ein Bild betrachten, meine Zuschauer. Axel Cäsar Springer zog es in seiner Welt über eine halbe Seite. Auf Seite 6 des Blattes, wo sonst die Revanchisten, die Karlovy Vary immer Karlsbad nennen, ihren Schrei nach den Sudeten veröffentlichen dürfen. Die schwarzen Balken über den Augen einiger Rädelsführer hat Springer angeordnet. So schützen Geheimorganisationen ihre Agenten und Mittelsmänner vor der Identifizierung. Wie alt mögen die Bengels sein, die da das sowjetische Ehrenmal in Karlovy Vary schänden? Vielleicht 14, 16, und 20 Jahre. Jedenfalls sind sie geboren nach 1945, d.h. nach der Befreiung durch die sowjetische Armee und ihre Verbündeten. Also wem verdanken sie, daß Vater nicht unter Hitlers Galgen oder in Lübkes KZ-Baracken umkam: der Sowjetarmee. Wem verdanken sie, daß Mutter nicht im Luftschutzkeller entbinden mußte: der Sowjetarmee. Wer gab ihnen das erste Brot: die Sowjetarmee. Wer kämpfte ihnen den weg zu den Hochschulen frei: die Sowjetarmee. Welchen Blutpreis zahlte das Sowjetland dafür: 150000 gefallene Söhne allein bei der Befreiung der CSSR. Also was sind das für Subjekte, die da das Ehrenmal schänden. Verdummte Kinder, charakterlose Halbstarke, verhetzte Ganoven, gekaufte Lumpen. Die Saat der Prohaska, Cizsar, Schick, Pelikan und Svitak ist früh aufgegangen. Der Kopfdünger von Hassel, Brandt, Kiesinger und Johnson, hat viel dabei geholfen. Solche Bilder, meine Zuschauer, zeigen besser als viele Worte, die dringende Notwendigkeit der kollektiven bewaffneten Hilfe der Bruderländer. Denn was sollte aus einem Land werden, in dem sich sowas innerhalb weniger Tage breit macht: ein moralischer und materieller Scheiterhaufen. Und was ist das für eine Presse, die sich daran weidet. Die faschistische Presse der zweimaligen Verlierer der Klassenschlacht um Prag." 8. Szene

Das Abendmagazin, die Beteiligten in der Pose einer Siegesfeier und der Rekapitulation.

ein Ansager:
"Günther Herlt, der sich an Sie wenden wird, hat sich vorgenommen so eine Art Bilanz zu ziehen."

Herlt
"So langsam erfaßt mich so etwas wie Mitleid - ÜP"

der Ansager:
"Meine Damen und Herren ich bitte Sie einen kleinen Moment um Geduld, wir,

  • läßt sich diese Störung schnell beheben?
  • ja , seid ihr da?
  • ja,

der Ansager:
So, bitte um Entschuldigung für diese kleine Störung, Sie hören ab jetzt, meine Damen und Herren, den angekündigten Kommentar von Günther Herlt, der, wie gesagt, eine kleine Bilanz ziehen will." Herlt:
"So langsam erfaßt mich so etwas wie Mitleid mit den Schwätzern vom Dienst im Westkanal. Jahrelang durften sie über Prag nur berichten, daß die goldene Stadt dunkelgrau ist, und daß ihre Bewohner Löcher in den Wollsocken haben. Seit Jahresbeginn 68, durften sie dann den Pragern bescheinigen, daß sie eigentlich das sozialistischste sind was es gibt, und daß einige Dummköpfe, bei Osram Licht betrachtet, rechte Genies sind, die man unterstützen muß. Dann wurden sie von Brandt und Kiesinger zurückgepfiffen, weil die Herrn des Geheimdienstes meinten, man dürfe nicht zuviel über die Zutaten verraten, ehe die schwarz-rosa'ne Brühe gargekocht ist. Nun haben wir einen Deckel auf diesen Topf gelegt und den Haupthahn zugedreht, da müssen die Vertreter der Westjournaille die Fehlspekulation ihrer Chefs seit gestern damit kontern, daß sie uns Fehlspekulationen andichten.

Zugegeben, wir haben falsch spekuliert, ich zumindest, ich habe die Göbbelserben und Ostspezialisten der Bonner Propaganda nach den Niederlagen von 1953, 56 und 61 für klüger gehalten. Aber das ist auch schon der einzige Irrtum und damit steht es 1 : 10, denn was die Leute in Bonn so peinigt ist ja die Erkenntnis, daß es mindestens 10 mal anders kam, als sie dachten.

Bonn glaubte erstens, daß man irgendwie die Aufmerksamkeit des Pentagon von Vietnam nach Europa lenken könnte und häufte fleißig Pulver um Prag. Wir haben die Lunte ausgetreten. 1 : 0.

Bonn glaubte zweitens, daß im Zuge der Ereignisse auf lange Sicht die Nato ihre Stiefel von der Rheinischen Pfalz bis in die slowakischen Karpaten vorschieben könne. Wir haben der Nato auf die Zehen getreten. 2 : 0.

Bonn glaubte drittens, mit dem gezielten Manöver Schwarzer Löwe in Grenznähe der CSSR, den Konterrevolutionären Kräften zuarbeiten zu können. Wir haben dem Schwarzen Löwen einen T 54 auf den Schwanz gestellt, nun kann er nicht mehr so große Sprünge machen. 3 : 0.

Bonn glaubte viertens, daß der Sozialismus um 14 Millionen Menschen ärmer wird, wenn das Land in die Arme des Imperialismus getrieben wird. Wir haben ihnen die Grenzen ihrer Macht verdeutlicht. 4 : 0.

Bonn glaubte fünftens, daß auf jeden Fall ein wurmstichiger Sozialismus genügend Löcher für die politischen und ökonomischen Giftspritzen des Kapitals lassen wird. Mir scheint, diese Löcher werden zugekittet. 5 : 0.

Bonn glaubte sechstens, daß die Sowjetunion allein die Rettung des Friedens und des Sozialismus besorgen müsse, es sind jedoch jene 5 Länder beteiligt, die die Hauptkraft des Sozialismus in Europa verkörpern, und die mit einem gemeinsamen Befehlsstab kollektive Selbstverteidigung und kameradschaftliche Hilfe für jene tschechoslowakischen Partei- und Staatsführer üben, die sie gerufen haben. 6 : 0.

Bonn glaubte siebentens, daß ein solches Eingreifen rechtzeitig von den hunderten Agenten und Journalisten der Westmächte signalisiert werden würde. Aber, der amerikanische Außenminister erfuhr erst vom sowjetischen Botschafter von dem Vollzug der Hilfsaktion. Der Geheimdienst kam 4 Stunden später, mir ratlosen Gesichtern, über soviel Präzision und Tempo der sozialistischen Truppenverbände. 7 : 0.

Bonn glaubte achtens, daß die Tschechen und Slowaken sich gegen die Panzer der Bruderarmeen auflehnen würden. Die Bilder und Berichte aus allen Teilen des Landes zeigen jedoch, daß 90 von 100 Passanten sich anlehnen an die Panzer, um ruhig mit der Besatzung plaudern zu können, über Wege und Irrwege zur glücklichen Zukunft. 8 : 0.

Bonn glaubte neuntens, mit Falschmeldungen über Verhaftungen und Internierungen führender tschechoslowakischer Politiker Unruhe im Land stiften zu können, aber gestern Abend konnte die Welt in unserem Fernsehen zuschauen, wie etliche der als verhaftet und ermordet gemeldeten in Moskau mit Ehrensalut und Bruderkuß empfangen wurden, um sachliche Diskussionen über die weiteren Maßnahmen zu führen. 9 : 0.

Und Bonn glaubte zehntens, es müsse doch möglich sein, mit illegalen Sendern und aufgeputschten Horden im ganzen Land Krawalle zu organisieren. Aber, von den 14 Millionen Einwohnern des Landes mögen vielleicht 140000 an den Ecken stehen, davon die Mehrzahl in Prag. Aber der von Springer so hochgespielte Generalstreik gestern bestand offensichtlich darin, daß in der Mehrzahl der Betriebe wie jeden Tag von 12 -1 Mittagspause machten. Wenn Springer daß als Sieg feiern möchte, dann hat Westdeutschland jeden Tag einen einstündigen Generalstreik gegen die Volksverdummung. 10 : 0.

Verzeihung, nicht 10 : 0, ich sagte ja 10 : 1, denn in einem Punkte haben wir tatsächlich falsch spekuliert, wir haben die Westjournaille nicht für so blöd gehalten, wie sie sich beim Thema Fehlspekulation zeigt."

Atempause; der Besserwisser zur Tschechin, kopfschüttelnd: "Hat man Worte."

Schnitzler
"Also, ein Strauß, ein Schöps, ein Reich, ein Europa, und ein Reinfall, denn da fuhr rechtzeitig die gepanzerte Faust sozialistischer Militärmacht dazwischen."
Schnitzler
"Was von den Erfindern dieser neuen Ostpolitik schon vor Jahren offen zugegeben wurde, so ein amerikanischer Globalideologe 1965, als die alte Ostpolitik des Zurückrollens gescheitert war: "Wünschenswert wär ein anderer Ablauf der Umwandlung. Er würde mit der inneren Liberalisierung der osteuropäischen Staaten beginnen, das gilt besonders für die Tschechoslowakei.""
Schnitzler
"Meine Damen und Herren, Konterrevolution und neue Ostpolitik, zwei Begriffe, die etwas gemein haben, beide sind gescheitert. Brandt steht vor Trümmern und Scherben, und fünf Verbündete Armeen bewahren ihre tschechoslowakischen Klassenbrüder vor dem Sturz der sozialistischen Ordnung und schützen die europäische Sicherheit. Die alte mathematische Formel bietet sich an, sind zwei Größen einer dritten gleich, so sind sie auch untereinander gleich. Neue Ostpolitik gescheitert, Konterrevolution gescheitert, also neue Ostpolitik gleich Konterrevolution, was zu beweisen war."

ein Nachrichtensprecher zum Reporter in Prag: "Gerd Edelmann, konnten Sie etwas über die Steuerung dieser konterrevolutionären Tätigkeiten beobachten, persönlich?"

Edelmann (sächselnd):
"Natürlich kann man, das war ganz offensichtlich, ich will, wir haben ja wenig Zeit, aber ein Zentrum möchte ich hier nennen, das ist das Hotel Jalta auf dem Wenzelsplatz. Dort ist bekanntlich die westdeutsche Handelsmission, soweit ich informiert bin, und soweit offiziell bekannt ist, sind es kaum eine Hand voll Mitarbeiter, die diese Handelsmission besitzt, aber vor diesem Hotel standen z.B. gestern Nachmittag um 16 Uhr, 27 westdeutsche Fahrzeuge, davon ungefähr 10 mit den Dienststellen ausländischer Herkunft, also die XX Nummern, die in Prag bekannt sind, die gelben Schilder, der Rest waren also Wagen aus Dortmund, und aus Düsseldorf, aus Mannheim, aus Frankfurt, aus verschiedenen Gegenden. äh, interessant war vielleicht, daß der Wagen mit XX9123 ein moderner BMW, in seiner Innenscheibe vorn und hinten konterrevolutionäre Flugblätter angeklebt hatte, und so zum Mittelpunkt demonstrativer Ansammlungen um die der westdeutschen Handelsvertretung zu bilden. Außerdem war noch interessant für mich, daß zwischen dieser Autokolonne mehrere tschechoslowakische Fahrzeuge waren, man erkennt die ja an den Buchstaben der einzelnen Städte. Da war zu Beispiel ein Wagen aus Most, das ist das Braunkohlenzentrum. Da war ein Wagen aus Hradec Kralowe, ein großes Industriezentrum, Maschinenfabriken vor allem, ein Wagen aus Mlada Boleslaw, wo die Automobilfabriken sind, und ein Wagen aus Teplice, wo also das nordböhmische Industrierevier ist. Es fällt eigentlich schwer, nicht zu glauben, daß das Fahrzeuge sind, die einen regen Verkehr zwischen dieser Mission und den Gebieten, äh, der tschechoslowakischen Republik aufrechterhalten."

die Tschechin zum Besserwisser: "natirlich kann man, das war ganz offensichtlich!"

ein Nachrichtensprecher:
"Die Moskauer Prawda analysiert heute die Spekulationen und Fehlkalkulationen der Feinde des tschechoslowakischen Volkes, und verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Einmischung Bonns in die inneren Angelegenheiten des tschechoslowakischen Volkes."

Herlt
"Wir, die wir dem Frieden verschworen sind, haben immer gesagt, die Taube hat auch Krallen."

ein Parteigenosse:
"Deshalb möcht ich sagen, wenns auch manche Leute im Augenblick nicht begreifen werden, wir Genossen in der KPC und die Soldaten der 5 Länder, die ihre Pflicht erfüllen, handeln nicht nur im Interesse des tschechoslowakischen Volkes, nicht nur im Interesse der anderen sozialistischen Länder, sondern im Interesse aller europäischen Völker. Das ist vielleicht in solch einer wirren Situation ein bissl schwer zu begreifen, ich bin sicher, daß das sehr schnell von den Völkern Europas begriffen wird. So wie damals 1956 in Ungarn schließlich auch viele sehr bald begriffen haben, daß die Vernichtung der Konterrevolution zugleich eine Sache war, die unmittelbar dem Frieden und der Sicherheit des Auslandes diente."

Schnitzler
"Führung und Volk des tschechoslowakischen Bruderlandes, haben jetzt ein klares Aktionsprogramm. Diese sozialistische Programm wird nicht ohne höchste Wachsamkeit, und nicht ohne Kampf verwirklicht werden können. Wir werden unsern tschechoslowakischen Klassenbrüdern mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dabei helfen."

der Nachrichtensprecher:
"Die DDR reiche der Arbeiterklasse, den Genossenschaftsbauern, der fortschrittlichen Intelligenz und allen Werktätigen der benachbarten Tschechoslowakei die Bruderhand. Wir schätzen die mutige und verantwortungsbewußte Handlungsweise der dem Sozialismus treu ergebenen Persönlichkeiten der Partei und des Staates der CSSR hoch ein. Da ihre Tat den aggressiven Kreisen des Imperialismus, die mit Hilfe der sogenannten neuen Ostpolitik die Konterrevolution in die sozialistischen Länder Europas exportieren möchten, einen Strich durch die Rechnung macht."

Herlt
"Schwerer ist es schon, Verständnis dafür aufzubringen, daß Schick, der sich seit dem 21. August im Ausland befindet, und dort wiederholt unverantwortliche Erklärungen abgab, daß also Ota Schick ebenso wie andere ganz formell, und in allen Ehren seinen Rücktritt einreichen kann, der dann angenommen wird, und damit hat sich die Sache. Das ist eine etwas eigenartige Form der Auseinandersetzung mit den imperialistischen und konterrevolutionären Kräften, sollte man es nicht richtiger das Ausweichen vor einer grundsätzlichen, ideologischen Klärung nennen, ein Ausweichen, das den konterrevolutionären Elementen einen geordneten Rückzug und eine Neuformierung ihrer Kräfte erlaubt."
Herlt
"Der weinerlichste Satz, den ich in den letzten Tagen gelesen habe stand in der Frankfurter Rundschau, vom 28. August 68, "Eine Sternstunde der Geschichte Sozialismus und Freiheit zu verbinden, ist vorbei". Mein Gott, klingt das traurig. Die Bourgeoisie bittet um ein Auge voll Tränen, dabei wäre keine Träne im Auge, kein Auge im Kopf, kein Kopf auf den Schultern der besten Söhne des tschechoslowakischen Volkes, wenn die Rechnung der internationalen Konterrevolution aufgegangen wäre. Also weg mit dem Taschentuch. Die sozialistischen Kräfte der CSSR haben sich, unterstützt von der Sowjetunion und einigen europäischen Bruderländern, besonnen, und sind entschlossen, den Weg des Sozialismus fortzusetzen. Der allein bringt Glück für das Volk und Frieden für Europa."

der Nachrichtensprecher:
"Presse, Rundfunk und Fernsehen der Bulgarischen Volksrepublik beschäftigen sich heute unter anderem auch mit der geheuchelten Anteilnahme der westlichen Journaille zu den Ereignissen in der CSSR. So berichtet Joachim Römer aus Sofia: "Die Zeitungen beschäftigen sich ausführlich mit den Krokodilstränen, die man in Bonn über die angebliche Gewaltanwendung gegenüber der CSSR vergießt und bemerkt, wer sind diese angeblichen Verteidiger dieser so hohen nationalen Werte, sind es nicht diejenigen, die in einem Vertrag den amerikanischen Okkupanten die Unabhängigkeit der Bundesrepublik für ein ganzes Jahrhundert verkauft haben. Natürlich hat man hier in Sofia auch Kenntnis genommen von der Hetze, die gegenwärtig gegen unsere Bruderländer betrieben wird. Aber hier ist der Mann in Sofia auf der Straße der Meinung, es ist besser das Wutgeheul, als das Triumphgeheul der imperialistischen Kräfte zu hören.""

Herlt
"Was für eine Unverfrorenheit es darstellt, wenn die USA innere Angelegenheiten sozialistischer Staaten vor den Sicherheitsrat bringen wollen. Welche erbärmliche Rolle ein Mann wie Hajek spielt, der entgegen der Weisung Präsident Swobodas vor dem Sicherheitsrat in das gleiche Horn stößt, wie die Vertreter der imperialistischen Staaten. Mit welcher Frechheit ein Wehgeschrei über die Hilfsaktion für die Tschechoslowaken von der selben Bonner Regierung angestimmt wird, die mit beiden Füßen selbst in den Verbrechen an dem vietnamesischen Volk steht. Allerdings es ist nicht nur Unverfrorenheit, es ist auch der Versuch, von der eigenen Krise, der Krise des Imperialismus abzulenken."
Herlt
"Ja zum Teufel, da muß doch aber jeder der heute in Bonn und sonst wo in der Welt enttäuscht ist, gehofft oder angestrebt haben, daß in der CSSR der Sozialismus liquidiert wird, oder? Na, dann seien Sie mal kräftig enttäuscht."

der Nachrichtensprecher:
"Selbst westdeutsche Reporter vermerkten es, mit gemischten Gefühlen: der Ofen ist aus. Allerdings, er schwelt noch."

Ein Bänkelsänger singt im Stil einer Ballade zu einer sehr rhythmischen Musik:

(dissonanter Trompetenstoß)

Kaiser Fahnen und Verrat
Ruhm und Glorienschein
Kriege die sind gottgewollt
impfte man uns ein
später hieß es Freiheit Recht
hoch die Republik
alle Menschen die sind gleich
Krause, Lehmann, Flick

Und die uns das sagten
haben eiskalt gezielt
mit unserer Sehnsucht
und Hoffnung gespielt

(dissonanter Trompetenstoß)

Führer Fahnen und Verrat
zackig national
voller Feinde war die Zeit
glücklich wieder mal
Macht ist Hitlers blankes Schwert
niemand hält ihn auf
das Dritte wird das größte Reich
das ist des Schicksals Lauf

Und die uns das sagten
die legten den Brand
zum Heil der Konzerne
mit eigener Hand

(dissonanter Trompetenstoß)

Kaiser Weimar Hitler Bonn
das war wohl durchdacht
die Fassade wechselte
aber nie die Macht
Schlotbaron und General
stehen treu vereint
sie waren und sie sind noch heut
derselbe Klassenfeind.

Es erklingt die Nachrichtenfanfare des DDR Fernsehens.

Der Besserwisser schaltet das Fernsehgerät ab.